It gets easier when you have done it a few times. When you have done it thousands of times, however, you can do it at an amazing rate. By then, it’s almost automatic. Almost – but not entirely: To this day, mechanical automatization of prawn shelling on an industrial scale is impossible. Prawn sizes and shapes vary too greatly, the seemingly easy process of shelling is of such mechanical complexity that to date no machine was able to master is without producing copious amounts of discard – or being prohibitively expensive.
There was the attempt of a shelling factory in Cuxhaven that was supposed to bring prawn shelling back home – but the project is bankrupt by now. So the necessity of handiwork remains, and for years now we have been comfortably delegating it to badly-paid workers abroad.
Up to the early 1970s, prawns were shelled in private homes just where fishermen unloaded them; families in the coastal towns did it to make some money on the side. Then hygiene regulations were tightened, most families weren’t able to afford a cooling chamber to shell the prawns in, and the prawn industry had to go looking for alternatives: They started taking the catch to be shelled in far away places where labor was cheap.
This was financially fruitful because in the meantime, something very fortunate for Western economy had happened: Globalization. In the context of globalization, the costs for any kind of transport decreased so dramatically that traders were left with enough profits even when moving their prawns back and forth across huge distances to be able to buy labor at the cheapest price possible.
Dutch seafood wholesaler Heiploeg’s prawns are shelled in Marocco. By sea and land, North Sea prawns caught in Dutch, Belgian, English, German and Danish waters are taken to a shelling factory in the outskirts of Tétouan city.
The shellers, all of them women, are paid by the kilo. That way, even the most efficient workers among them do not earn more than six euro per day. Nobody eats prawns in Marocco; before industrial shelling for the rich counties in the north began, prawns were mostly unknown – but by now, the fastest and cheapest prawn shellers of the world are to be found here.
Of course, this state of things is prone to induce some head-shaking about the unjust distribution of wealth in the world – a situation which in this case generates quite some profit for the fisheries industry and, eventually, also for consumers in the north. And rightly so. But do not shake your head too easily. It may be that transporting prawns across half the globe is ecologically exceedingly unsound, and apart from that, not very beneficial to the freshness of prawns on the consumer’s plate. And it is an approach that favors maximization of profit at the expense of other people.
But shelling factories in Marocco create jobs, and thus allow independence, for women that have a hard time finding other means of survival in Maroccan society: Many of them are divorced, or have husbands that are unemployed or in prison, and providing for their families rests on their shoulders alone. And for Maroccan standards, this kind of work is fairly paid. Thus, the situation is complex, as it is so often.
Currently, fuel prices are increasing again, and calls for higher wages in the low-wage countries are getting louder – profits from outsourcing prawn shelling to the south are on the wane. If the north gradually retreats from this business, as it might happen in the foreseeable future, this could be an opportunity for countries like Marocco to get rid of old dependencies and adjust their economic position to one hopefully a bit more eye-to-eye with their northern business partners. And maybe consumers in the north will then be able to make the singular and instructive experience of having to pay a retail price for prawns that is a lot closer to their actual value than before. The prawn shellers of Tétouan, however, will probably not appreciate these changes very much.
Krabbenpulerinnen
Tétouan, April 2008
Wenn man die Handgriffe ein paarmal gemacht hat, ist es ein Kinderspiel. Wenn man die Handgriffe einige tausend Mal gemacht hat, erreicht man erstaunliche Geschwindigkeiten dabei, es geht nahezu automatisch. Nahezu, aber nicht ganz: Bis heute ist die maschinelle Automatisierung des Krabbenpulens nicht gelungen. Die Größen und Formen der Tiere sind zu unterschiedlich, der scheinbar so einfache Vorgang des Pulens ist mechanisch so komplex, dass der Sache bisher keine Maschine beikommen konnte, ohne immense Mengen Ausschuss zu produzieren oder unerschwinglich zu sein. Zwar gab es einen großangelegten Versuch mit einer Schälfabrik in Cuxhaven, die die Krabbenverarbeitung wieder nach Hause holen sollte. Die ist aber inzwischen pleite. Die also immer noch nötige Handarbeit lassen wir uns seit Jahren zu Dumpinglöhnen von anderen abnehmen.
Bis in die 1970er Jahre hinein verrichtete man sie im doppelten Sinne zuhause: Die Krabben wurden in Privathaushalten direkt vor Ort geschält, wo die Fischer sie anlandeten, man verdiente sich etwas damit dazu. Dann aber wurden die Hygienerichtlinien verschärft, einen eigenen Kühlraum für die Verrichtung der Arbeit konnten sich die meisten Familien nicht leisten, und die Industrie musste sich nach Alternativen umsehen: Man ging dazu über, den Fang zum Schälen dorthin zu bringen, wo Handarbeit billig zu haben war.
Das rechnete sich, weil inzwischen etwas für die westliche Wirtschaft sehr Günstiges eingetreten war: Die Globalisierung nämlich, in deren Kontext die Kosten für jede Art von Transport so stark sanken, dass für die Großhändler auch dann genug Profite übrigblieben, wenn sie ihr Schälgut über gigantische Entfernungen hin und zurückbewegten, um die billigstmögliche Arbeitskraft einzukaufen zu können.
Der niederländische Fischgroßhändler Heiploeg lässt in Marokko schälen. Per Schiff und LKW werden die in niederländischen, belgischen, englischen, deutschen und dänischen Gewässern gefischten Nordseegarnelen in die Schälerei in der Nähe der Stadt Tétouan verfrachtet.
Die Pulerinnen werden nach verarbeiteter Menge bezahlt; auch die effizientesten unter ihnen kommen damit auf einen Tageslohn von nicht mehr als sechs Euro. In Marokko isst kein Mensch Krabben, vor dem Beginn der industriellen Pulerei für die reichen Länder im Norden waren die Tiere dort kaum bekannt – aber inzwischen findet man hier die schnellsten und billigsten Krabbenpulerinnen der Welt. Natürlich lässt einen dieses Phänomen erst einmal den Kopf schütteln über die ungerechte Verteilung des Reichtums in der Welt, von der hier die Fischereindustrie und am Ende auch der Verbraucher ganz ordentlich profitieren. Aber allzu einfach sollte man es sich mit dem Kopfschütteln auch nicht machen. Zwar ist der Transport der Tiere um die halbe Welt ökologisch äußerst bedenklich und im Übrigen der Frische der Krabben auf dem Teller nicht besonders zuträglich. Und es handelt sich um ein Vorgehen, das offenkundig vor allem die Profitmaximierung im Auge hat und durchaus in Kauf nimmt, dass sie auf Kosten anderer geschieht. Aber die Krabbenschälereien in Marokko schaffen Arbeitsplätze und damit Unabhängigkeit für Frauen, die in der dortigen Gesellschaft ansonsten nur sehr schwer anderswo unterkommen: Viele von ihnen sind geschieden oder mit arbeitslosen oder inhaftierten Männern verheiratet, die Ernährung der Familie lastet auf ihren Schultern, und für marokkanische Verhältnisse ist diese Arbeit durchaus anständig bezahlt. Die Situation ist also, wie so oft, komplex.
Derzeit steigen die Treibstoffpreise immer weiter, und die Rufe nach weniger billigen Löhnen in den Billiglohnländern werden lauter – die Auslagerung der Krabbenpulerei in den Süden wird zunehmend unprofitabel. Wenn die nördlichen Länder sich aus diesem Geschäft mit dem Süden allmählich zurückziehen, wie es absehbar zu sein scheint, dann mag das eine Chance für Länder wie Marokko sein, alte Abhängigkeiten abzustreifen und sich wirtschaftlich anders aufzustellen, vielleicht etwas mehr auf Augenhöhe mit den nördlichen Wirtschaftspartnern. Und vielleicht wird der Verbraucher hierzulande dann die lehrreiche und bisher seltene Erfahrung machen, im Laden den Preis für seine Krabben zahlen zu müssen, die sie tatsächlich wert sind. Die Krabbenpulerinnen von Tétouan aber werden darüber sicherlich nicht in Jubel ausbrechen.
Text & Übersetzung: Nico Czaja